Die Energiewende ist in aller Munde. Solar, Wind, Wärmepumpen, E-Autos – das klingt nach Fortschritt, Klimaschutz und einem Leben ohne fossile Brennstoffe. Aber:
Auch 2025 ist die Energiewende alles andere als „öl-frei“.
Im Gegenteil: Wer genau hinschaut, erkennt, dass viele grüne Lösungen weiterhin massiv vom Öl abhängig sind – direkt oder indirekt. Und das gilt wohlgemerkt nur für die reicheren Länder, die sich diese Transformation überhaupt leisten können. Der Großteil der Welt ist noch nicht einmal dort angekommen.
1. Herstellung & Bau: Ohne Öl geht’s nicht los
- Windräder bestehen aus Kunststoffen, Schmierölen, Verbundwerkstoffen, die auf Erdöl basieren. Die Türme benötigen Stahl, der mit fossilen Energien hergestellt wird.
- Solarmodule brauchen Silizium, Aluminium, seltene Metalle – der Abbau und Transport erfolgt meist mit dieselbetriebenen Maschinen.
- E-Autos und Akkus: Vom Lithiumabbau über Kupferförderung bis zur Batterieproduktion – überall sind ölbasierte Prozesse involviert.
Die „grünen Technologien“ entstehen in einem System, das weiterhin fossil angetrieben ist.
2. Logistik & Infrastruktur: Der weltweite Transport läuft mit Öl
- Solarpanels aus China, Windanlagen aus Dänemark, Batterien aus Südkorea – die Weltlogistik fährt auf Diesel.
- Schiffe, LKW, Frachtflugzeuge bringen die Komponenten weltweit zum Einsatzort – CO₂-neutral ist das nicht.
- Bauprojekte für neue Stromnetze oder Ladeinfrastruktur werden mit dieselbetriebenen Maschinen realisiert.
Und: Selbst Kohlekraftwerke benötigen beim Hochfahren Heizöl oder Diesel, um betriebsbereit zu werden – ein Detail, das oft übersehen wird.
3. Betrieb & Wartung: Energieanlagen brauchen Energie
- Windräder benötigen Schmierstoffe, die regelmäßig ersetzt werden – alles auf petrochemischer Basis.
- Notstromaggregate in Solarparks oder bei Netzbetreibern laufen mit Diesel, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
- Transformatoren, Isolatoren, Kühlmittel, Wartungsflotten – der Betrieb ist auf Erdölprodukte angewiesen.
4. Landwirtschaft & Bevölkerung: Ohne Öl kein Wachstum?
Einer der größten „Ölgewinne“ war nicht der Verkehr, sondern die Explosion der landwirtschaftlichen Produktivität:
- Stickstoffdünger auf Erdölbasis ist ein entscheidender Faktor für die globale Ernährungssicherheit.
- Der drastische Anstieg der Weltbevölkerung seit den 1950ern wäre ohne diese Düngemittel kaum möglich gewesen.
Ohne Öl kein Dünger. Ohne Dünger weniger Ertrag. Ohne Ertrag: Hunger.
Die Abhängigkeit von Öl ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine zivilisatorische.
5. Zwei Welten: Energiewende ist ein Luxusprojekt
Während Europa, Nordamerika oder China über „grünen Stahl“ sprechen, sieht es in Afrika, Indien, Pakistan oder Südamerika ganz anders aus:
- Millionen Menschen haben keinen Zugang zu stabiler Stromversorgung, geschweige denn zu E-Mobilität.
- Die meisten Entwicklungsländer hängen am Tropf fossiler Energie – schlicht, weil sie billig und verfügbar ist.
- Für viele Staaten ist der Traum vom Solarstrom nicht mehr als ein ambitioniertes Langfristziel.
Kurz gesagt: Die Energiewende ist ein Projekt der wohlhabenden Welt.
6. Finanzierung & Geopolitik: Öl bleibt die Machtbasis
- Viele grüne Großprojekte werden mit Öl- und Gasgewinnen finanziert (z. B. Staatsfonds aus Norwegen, Katar, Saudi-Arabien).
- Die Produzentenländer sichern sich damit nicht nur Einnahmen, sondern auch geopolitische Einflusszonen.
- Selbst Investitionen in erneuerbare Energien sind oft Teil eines strategischen Ölspiels.
Solange Öl einträglich bleibt, wird es auch weiter gefördert – mit oder ohne Windräder.
Fazit: Die Energiewende lebt im Fossilienhaus
- Die Energiewende ist derzeit ein Hybridmodell: grüne Lösungen mit fossiler DNA.
- Eine echte Ent-Ölisierung erfordert nicht nur technische Innovation, sondern einen globalen Systemumbau.
- Und: Solange Öl leicht verfügbar, billig und politisch mächtig ist, bleibt es unverzichtbar.
„Ent-Ölisiert“ ist die Welt nicht – weder wirtschaftlich, noch gesellschaftlich.
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