Förderung von Erdöl – was wirklich aus dem Bohrloch kommt

Wenn du beim Wort „Ölförderung“ automatisch an wild pumpende Pferdekopfpumpen in Texas denkst – keine Sorge, ist nicht völlig falsch. Aber Erdölförderung ist heute ein hoch technisierter, komplexer Prozess, bei dem weit mehr passiert als nur „Loch bohren, Öl raus“.

Wir reden hier mal nicht über die Suche nach Öl oder die Exploration – sondern nur über das, was passiert, wenn man weiß, wo’s liegt. Also: Wie holt man das Öl aus dem Boden? Was kann man fördern, was nicht? Und wo liegen die technischen und wirtschaftlichen Grenzen?


Förderbar heißt nicht gleich förderwürdig

Wenn ein Ölfeld entdeckt wird, spricht man oft von der sogenannten „in place“-Menge – also dem gesamten Öl, das theoretisch im Gestein vorhanden ist. Klingt toll, aber nur ein Teil davon ist technisch und wirtschaftlich förderbar.

Warum? Weil das Öl meist nicht in unterirdischen Seen schwimmt, sondern in winzigen Poren im Gestein sitzt – wie Wasser in einem Bimsstein. Je nachdem, wie gut das Öl fließen kann (Stichwort: Permeabilität), und wie viel Druck noch im Lagerstätten-System steckt, kommt man mehr oder weniger leicht dran.

In der Realität gelten oft 30–50 % der Gesamtmenge als „recoverable“, also förderbar. Der Rest bleibt im Boden – zumindest solange keine neue Technik erfunden wird, die das wirtschaftlich tragfähig ändern kann.


Der Bohrlochaufbau – stabil, sicher, technisch aufwendig

Ein Bohrloch ist keine simple Röhre in den Untergrund. Es wird mehrstufig gebohrt und verrohrt, um das umgebende Gestein zu stabilisieren und die Bohrung gegen Grundwasser, Instabilitäten und Druckunterschiede zu schützen.

Das passiert so:

  1. Abschnittsweise Bohrung: Von großem auf kleinen Durchmesser, je tiefer es geht.
  2. Casing (Stahlverrohrung) wird eingebracht.
  3. Zementierung zwischen Rohr und Gestein dichtet alles ab.
  4. Im Reservoir: Perforationen oder Filterrohre lassen gezielt Öl in die Bohrung fließen.
  5. Oben sitzt der „Christmas Tree“ – eine Ventilstruktur zur Druck- und Förderregelung.

Das Ganze ist durchgeplant bis ins letzte Detail. Und teuer. Allein eine Tiefbohrung kostet locker mehrere Millionen Dollar – je nach Tiefe, Lagerstätte und Umgebung.


Die drei Phasen der Förderung

1. Primärförderung (natural drive)

Hier nutzt man den natürlichen Druck im Lagerstätten-Gestein. Das Öl steigt durch den Druckunterschied von selbst nach oben – wie beim Öffnen einer kohlensäurehaltigen Flasche.
Das klappt aber nur am Anfang. Wenn der Lagerstättendruck sinkt, braucht’s Hilfe.

2. Sekundärförderung (Wasser- oder Gasinjektion)

Um den Druck künstlich aufrechtzuerhalten, wird Wasser oder Gas ins Reservoir gepresst. Das Öl wird sozusagen vor die Tür geschoben.
Typisch ist die Wasserflutung – über Injektionsbohrungen wird Wasser am Feldrand eingebracht, das Öl wird dadurch zur Förderbohrung gedrückt.

3. Tertiärförderung / EOR (Enhanced Oil Recovery)

Das ist die High-Tech-Kiste: Chemikalien, CO₂ oder sogar Dampfinjektionen kommen zum Einsatz, um die Viskosität des Öls zu senken oder das Öl aus kleinsten Poren zu lösen.
Aufwendig, teuer – aber manchmal die einzige Möglichkeit, um an die letzten Prozent zu kommen.


Ölförderung hat Grenzen – physikalisch und wirtschaftlich

Mit der Zeit sinkt der Druck im Lagerstätten-System, und die Förderrate fällt ab. Das ist ganz normal – nennt sich Depletion, also Erschöpfung. Dazu kommen technische Probleme:

  • Wasserproduktion steigt, was die Aufbereitung teurer macht.
  • Sand- oder Gaseintrag können die Fördertechnik zerstören.
  • Die Viskosität des Öls nimmt ggf. zu, wenn leichtere Fraktionen zuerst entweichen.
  • Und irgendwann übersteigt der Förderaufwand den Gewinn.

Dann ist Schluss – nicht weil alles Öl weg ist, sondern weil es ökonomisch keinen Sinn mehr ergibt, den Rest zu fördern.


Fazit

Ölförderung ist ein Drahtseilakt zwischen Technik, Geologie und Wirtschaftlichkeit. Du kannst noch so viel Öl in der Erde haben – wenn es zu teuer wird, es rauszuholen, bleibt es da. Und genau das wird in Zukunft immer häufiger passieren.

Denn: Je leerer die Lagerstätten, desto mehr Aufwand muss man treiben. Und irgendwann fragt sich jeder Betreiber: „Rechnet sich das überhaupt noch?“ Spoiler: Oft nicht.

2 Responses

    • Ziemlich gute Frage!
      Natürlich wird Erdgas neben konventionellen Öl auch gefördert aber wie in allen Dingen gilt hier auch die Frage „Wie“, „Woher“ und „Wie viel“?
      Denn wenn man mit Gas rechnet oder gezielt nach Gas bohrt – kann man die Fördertechnik danach auslegen. Schlimmer ist es wenn man nicht mit Gas rechnet.
      Wenn plötzlich auf Gasblasen gestoßen wird, können die Tauchpumpen beschädigt werden.
      Gas kann aber auch durch entstehende Kavitation den Druckverlauf destabilisieren – die Folge: Pumpversagen oder schlimmer – Blowouts.
      Außerdem kann Gas bei wassergetriebenen Ölförderungen den Ertrag stören.

      Unkontrollierte Gasaustritte sind aber generell, in jeder Situation, auch abgesehen von der Ölförderung, etwas brisant wie du dir vielleicht vorstellen kannst.
      Stichwort: Explosionsgefahr.

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